Wochenbett: Die Kunst des Liegenbleibens
Vierzehn Tage nach der Geburt liegen bleiben? Also wirklich im Bett bleiben? So was Übertriebenes. Und vorallem unmöglich. Da ist doch noch so viel zu erledigen. Anträge auszufüllen, die Geschwisterkinder zu versorgen, das Baby muss gewickelt, gebadet, getragen, Besuch bewirtet und die anfallende Wäsche gewaschen und sortiert werden. Fakt ist: die Zeit nach der Geburt – die Bedeutung des Wochenbetts – wird in unserer Gesellschaft unterschätzt. Von den meisten um- und nahestehenden Personen ebenso wie von den Müttern selbst.
Eine Mischung aus Wissen und der Gewissheit „doch, du darfst ruhen“, denn du hast nicht nur Unglaubliches geleistet, sondern auch „Du musst heilen“ soll deshalb im Gespräch mit Hebamme Stella Pitsch in der emspirity-Episode „Das Wochenbett – oder auch die Kunst des Liegenbleibens“ vermittelt werden.
Glückwünsche & Geschenke zur Geburt – bitte möglichst unpersönlich
Wir sprechen über die Bedeutung der sorgenden Partner:innen an der Seite der jungen Mütter und brechen mit Glaubenssätzen rund um Baby-Besuche von Freunden & Familie.
Natürlich bekommen Eltern und Geschwisterkinder gerne Geschenke. Aber erstens hat das meistens Zeit, weil Bodys oder Strampler in Größe 56
sowieso als Geburtsgeschenk hinterfragt werden sollten und zweitens: Die beiden wirklich sinnvollen Geschenke, die eine Familie in den ersten
Tagen erhalten kann, sind (in) Ruhe (lassen) und konkret Hilfe anbieten.
Es gibt kein „zu früh“, sich schon während der Schwangerschaft zu überlegen: Wer ist als Besuch willkommen? Woran man sich orientieren kann? „Die Menschen, die euch mit offenem Busen, weinend, blutend und ungewaschen sehen dürfen, nur die sind willkommen.“ Was hilft: Wenn
vorab die Besuchszeit geklärt ist und Essen mitgebracht wird.
Das frühe Wochenbett als Kraftgeber für alles, was kommt
Das Gespräch könnte triggern. All die, die ihr Wochenbett bereits hinter sich haben und es als stressig erlebt haben. All die, die eben doch irgendwie alles alleine wuppen im Haushalt und noch keinen Weg gefunden haben, eine Veränderung anzustoßen.
Das Gespräch soll ermutigen: Seine eigenen Grenzen zu setzen, eine geschlossene Einheit als Kernfamilie zu bilden, als Team zusammen zu wachsen und von Anfang an über Bedürfnisse zu sprechen. Wir wollen mit Mythen rund um glorifizierte Mutterbilder brechen. Väter/Partner:innen in die Verantwortung nehmen, um dadurch vor allem aufzuzeigen, welch wundervolle Weichen schon im frühsten Bindungsprozess gestellt werden können. Denn: Da sein ist wertvoll. Das gilt unter Geburt wie noch einmal verstärkt im Wochenbett.
Dieses Gespräch soll aufklären und aufrütteln – nicht nur werdende Eltern sondern auch all die Großeltern, Freunde und Bekannten wie Arbeitskolleg:innen oder Nachbarn. Vor allem soll es eines: Stärken und Mut machen, als Familie von Anfang an darauf zu vertrauen, was zählt. Die Bedürfnisse der Menschen, die zusammen unter einem Dach leben.
Wir finden es so wichtig, dass gerade Mamas nach der Geburt begleitet, gehalten, gesehen und gestärkt werden.
Das erste Lächeln, die ersten Schritte – nein, nicht nur unsere Kinder erreichen Meilensteine. Auch wir als Eltern. Jede Mama, jeder Papa wird neue, erste Schritte gehen. Nein, nicht alles verändert sich mit dem Elternwerden. Aber so manches – das, was für einen zählt, wie etwas wahrgenommen wird, was einem wirklich wichtig ist. Und für all diese Prozesse ist ein Krafttanken in den ersten Tagen so wertvoll.